BIPV Booster
Bauwerksintegrierte Photovoltaik (BIPV) hat ein großes Potenzial und damit auch eine große Bedeutung für die
Energiewende, insbesondere für die Erreichung der Ausbauziele gemäß dem Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz
(EAG). Während es Probleme mit der Zustimmung der Bevölkerung zu Windparks und PV-Freiflächenanlagen
gibt, gibt es eine sehr hohe Akzeptanz für Photovoltaik auf Dächern und Fassaden.
Innerhalb der BIPV könnten fassadenintegrierte Anlagen einen hohen Beitrag liefern, aktuell ist dieses
Potenzial aber noch weitgehend unerschlossen.
Vorteile von fassadenintegrierter Photovoltaik
Im Vergleich zu Dachanlagen besteht ein großer Vorteil von fassadenintegrierter PV darin, dass diese hilft, die
Problematik der PV-Mittagsspitze abzumildern, da Fassadenanlagen je nach Orientierung ihre maximale
Produktion am Vormittag bzw. Nachmittag erreichen. Ein weiterer Vorteil von fassadenintegrierten PV-Anlagen
besteht darin, dass sie im Vergleich zu Dachanlagen einen größeren Anteil des Stroms im Winterhalbjahr
produzieren und so besser zu den Anforderungen eines Wärmepumpenbetriebs passen.
Herausforderungen durch Brandschutzbestimmungen
Ein sehr wesentlicher Grund für die schleppende Umsetzung von fassadenintegrierten PV-Anlagen liegt darin,
dass aufgrund der aktuell gültigen Brandschutzbestimmungen (insbesondere für höhere Gebäude) nicht
brennbare Fassaden gefordert sind. Bei einer Abweichung von dieser Vorgabe, wie systembedingt bei einer
fassadenintegrierten PV-Anlage, ist es erforderlich, einen Nachweis zu führen, dass die fassadenintegrierte
PV-Anlage zu keiner Erhöhung des Brandrisikos führt. Häufig muss im Zuge derartiger Verfahren der
ursprüngliche Entwurf revidiert und die letztlich nutzbare Fläche für PV deutlich reduziert werden.
Um die Umsetzung von fassadenintegrierten PV-Anlagen zu erleichtern und zu beschleunigen, besteht also ein
wesentlicher Ansatzpunkt darin, die Nachweisführung für fassadenintegrierte PV-Anlagen (hinsíchtlich
Brandrisiko) zu vereinfachen und zu standardisieren.
Entwicklung eines Katalogs „nachweisfreier Konstruktionen“ für fassadenintegrierte PV
Als zentrales Projektergebnis soll ein Katalog „nachweisfreier Konstruktionen“ (hinsichtlich des Brandschutzes)
für fassadenintegrierte Photovoltaik-Anlagen, insbesondere für den schwierigeren Fall an Hochhäusern,
entwickelt werden. Diese Konstruktionen werden im Projekt definiert und in Brandversuchen geprüft. Die
Brandversuche sollen durch elektrische und materialbezogene Modulprüfungen vor und nach den
Brandversuchen ergänzt werden.
Eine Potenzialstudie, die neben dem Fassadenpotenzial in Österreich auch die am häufigsten umgesetzten
Fassaden- und Befestigungstypen erfasst und das internationale Umfeld mitbetrachtet, steht am Beginn des
Projekts. Weiters werden im Projekt die Möglichkeiten eventueller Verbesserungen im Moduldesign und der
Befestigungsoptionen (Gläser, Rahmenkonstruktionen), mit denen Brandschutzanforderungen leichter
eingehalten werden können, in Kooperation mit österreichischen Modulherstellern untersucht. Ein Leitfaden,
der die Versuchsergebnisse und daraus abgeleiteten Erkenntnisse zusammenfasst und die konstruktiven
Vorgaben für die möglichen nachweisfreien Konstruktionen beschreibt, rundet das Projekt ab.
Projektziele und Lösungsansätze
- Positive Klimawirkung und Dekarbonisierung
- Steigerung des Anteils erneuerbarer Energieträger und Materialien
sowie zu den operativen Zielen - Entwicklung von technologischen und innovativen Lösungen zur Umsetzung von klimaneutralen Städten, Quartieren
und Gebäuden - Beitrag zur Entwicklung resilienter und klimaneutraler Gebäude, Quartiere und Städte.
Als zentrales Projektergebnis soll ein Katalog „nachweisfreier Konstruktionen“ (hinsichtlich des Brandschutzes) für
fassadenintegrierte Photovoltaik-Anlagen, auch für den schwierigeren Fall an Hochhäusern, entwickelt werden.
Diese Konstruktionen werden im Projekt definiert und in Brandversuchen geprüft. Die Brandversuche sollen durch elektrische
und materialbezogene Modulprüfungen vor und nach den Brandversuchen ergänzt werden.
Weiters werden im Projekt die Möglichkeiten eventueller Verbesserungen im Moduldesign (eingesetzte Materialien und
Aufbau) und der Befestigungsoptionen (Gläser, Rahmenkonstruktionen), mit denen Brandschutzanforderungen leichter
eingehalten werden können, in Kooperation mit österreichischen Modulherstellern untersucht.
- Potenzialstudie mit internationaler Komponente.
- Entwicklung potenziell nachweisfreier Konstruktionen
- Durchführung und Evaluierung von Brandversuchen
- Optimierung der Module für die Fassadenintegration hinsichtlich verbauter Materialien, Design und Befestigung mit Fokus Brandschutz
- Erstellung eines Leitfadens und Dissemination der Ergebnisse
State-of-the-Art PV-Fassadenanlagen
Trotz einiger (erfolgreicher) Pilotprojekte sind fassadenintegrierte PV-Anlagen immer noch ein Nischenmarkt. Dies hat
verschiedene Gründe. Das Argument der relativ hohen Kosten (ca. 3 mal so hoch im Vergleich zu einer Dachanlage)
lässt sich dadurch relativieren, dass ca. 50 % der Kosten ohnehin für die Errichtung der Fassade anfallen und also als
„Sowieso-Kosten“ angesehen werden können. Auch ist angesichts hoher Strompreise der wirtschaftliche Ertrag bei
Betreiben einer Fassadenanlage in einer Gesamtbetrachtung zu berücksichtigen.
Die ästhetische Integration von Photovoltaik in Fassaden zeigt zwar Fortschritte, aber es gibt immer noch Raum für
verbessertes Design und künstlerische Integration. Die Technologie muss nicht nur funktional sein, sondern auch den
gestalterischen Ansprüchen von Architekt:innen und Gebäudeplaner:innen genügen. In diesem Zusammenhang spielt
besonders auch die farbliche Gestaltung eine Rolle, die durch eine österreichische Produktentwicklung
(Lenzing-Plastics) in den letzten Jahren starken Auftrieb erhalten hat: Färbige Einkapselungsfolien in nahezu allen
RAL-Farben ermöglichen eine breite gestalterische Vielfalt, wobei die Wirkungsgradreduktionen sich im einstelligen
Prozentbereich bewegen. Damit eröffnen sich für PV-Lösungen an Fassaden neue Perspektiven. Unterschiedliche
Hersteller von PV-Modulen verwenden unterschiedliche Laminationsmaterialien, welche sich auch in ihrem Brennwert
unterscheiden (diese Vielfalt an Laminationsmaterialien soll auch im Projekt Berücksichtigung finden).
Ein wesentlicher Grund für die schleppende Umsetzung von fassadenintegrierten PV-Anlagen liegt darin, dass es
aufgrund der aktuell gültigen Brandschutzbestimmungen in Österreich (insbesondere für höhere Gebäude) erforderlich
ist, dass für jede fassadenintegrierte Anlage eine Einzelgenehmigung mit genauer Prüfung der Behörde erforderlich ist.
Es ist der Nachweis zu führen, dass die fassadenintegrierte PV-Anlage zu keiner Erhöhung des Brandrisikos führt.
Derartige Nachweise sind aktuell über Großbrandprüfungen des gesamten Systems, beispielsweise auf Basis von BS
8414-1 oder ISO 13785-2 zu führen. Diese Prüfnachweisführung stellt einen hohen zeitlichen und finanziellen Aufwand
dar. Häufig muss im Zuge derartiger Prüfungen der ursprüngliche Entwurf revidiert und die letztlich nutzbare Fläche für
PV (deutlich) reduziert werden. In Zukunft sollte es durch die Ergebnisse des gegenständlichen Projekts möglich
sein, dass derartige fassadenintegrierte PV-Installationen auch ohne projektspezifische Nachweise umgesetzt werden
können.
State-of-the-Art Brandbeständigkeit von PV-Modulen
Es ist zurzeit kein aussagekräftiges Dokument für Planer:innen, Architekt:innen und Bauherrn verfügbar, aus welchem
sich verallgemeinerbare Aussagen zur Brandbeständigkeit von PV-Modulen ableiten lassen. Daher müsste jedes Modul
in Kombination mit der Unterkonstruktion einem Test unterzogen werden, was bedeutet, dass jeder Fassadenbauer
und jeder Modulhersteller einen gemeinsamen Versuchsaufbau definieren und entsprechende Tests machen müssen.
Die Angabe der Brandklasse für ein PV-Modul allein ist zu wenig aussagekräftig. Daher wird zurzeit jedes Projekt
begutachtet und gegebenenfalls ein Brandversuch durchgeführt.
Internationale Dimension – IEA PVPS Task 15 und Brandschutz
Das Thema Brandschutz von BIPV-Installationen ist im abgelaufenen und neuen Arbeitsprogramm 2024-2028 des IEA
PVPS Tasks 15 „Rahmenbedingungen für die Entwicklung von BIPV“ ein Schwerpunkt. Ein erster Report bereits
verfügbar (IEA 2023).
Wie geht das BIPV-Booster Projekt über den State-of-the-Art hinaus?
Es sollen weitere Fassadentypen, für die es bislang noch keine nachweisfreien Konstruktionen hinsichtlich des
Brandschutzes gibt, im Rahmen von Brandversuchen geprüft und bewertet werden.
- Fassaden mit Balkonen (große Mehrfamilienhäuser)
- Fassaden mit Fensterbändern und dazwischen liegenden für PV nutzbaren Parapeten / vertikalen Bändern (wie oft bei
Bürohochhäusern üblich) - Im konkreten Fall ist geplant, Brände auf Balkonen bzw. Loggien zu untersuchen, um Wohnhochhäuser abzudecken. Für
Hochhäuser mit Büronutzung werden vertikale Bänder von PV-Modulen am Gebäude untersucht.
Zusammensetzung des Projektteams
Das Konsortium deckt alle wesentlichen Kompetenzen ab, die für eine erfolgreiche Durchführung des Projekts
erforderlich sind. Bezogen auf Österreich, sind alle relevanten Player, die für die Bearbeitung der Fragestellungen des
Projekts von Bedeutung sind, Teil des Konsortiums.
The Technologieplattform Photovoltaik ist die Interessensvertretung von Österreichs Photovoltaikforschung und der
innovativen produzierenden Photovoltaikindustrie. Schwerpunkte im Projekt liegen in der internationalen Vernetzung, der
Potenzialanalyse sowie der Verbreitung der Projektergebnisse.
The MA 39 (Prüf-, Inspektions- und Zertifizierungsstelle der Stadt Wien) und das IBS Linz (Institut für
Brandschutztechnik und Sicherheitsforschung) weisen eine sehr hohe Kompetenz in der Planung, Durchführung und
Auswertung von Brandversuchen auf. In der hochmodernen Brandversuchshalle der MA 39 finden pro Jahr
beispielsweise rund 200 Prüfungen statt.
Das IBS Linz führt seit vielen Jahren Prüfungen von Fassadenprodukten
gemäß ÖNORM B 3800-5 durch.
The Sonnenkraft GmbH und die ertex solartechnik GmbH sind bedeutende österreichische Hersteller von
PV-Modulen. Ihre projektspezifischen Kompetenzen betreffen vor allem das Design und die Umsetzung möglicher
Verbesserungen von PV-Modulen hinsichtlich einer Erhöhung der Brandbeständigkeit.
The Schöberl & Pöll GmbH als Büro mit dem Schwerpunkt Planung und Forschung im Bereich energieeffizienter
Gebäude weist Erfahrungen in der Umsetzung von fassadenintegrierter PV in Pilotprojekten auf. Schwerpunkte im
Projekt liegen in der Potenzialanalyse, der Entwicklung/Definition von geeigneten Konstruktionen, der Verbreitung der
Projektergebnisse, und dem Projektmanagement.
Das OFI (Österreichisches Forschungsinstitut für Chemie und Technik) ist ein außeruniversitäres Forschungsinstitut mit
Kompetenzen in Materialwissenschaften. Das OFI hat langjährige Erfahrung in Forschung und Entwicklung von
innovativen PV-Materialien, -Komponenten und -Modulen, Schadensanalysen sowie Materialprüfung und
Charakterisierung von PV-Modulen. Die materielle Prüfung von PV-Modulen nach den Brandversuchen sowie das
Einbringen von Vorschlägen für Modulverbesserungen sind Schwerpunkte im Projekt.
Arconsol ist ein spezialisiertes Ingenieurbüro für gebäudeintegrierte Photovoltaik. Der Schwerpunkt liegt in der Planung
und Projektierung von BIPV Projekten sowie in der Weiterentwicklung verschiedener Technologien auf allen Ebenen
(Module, Systeme, etc.). Ein Schwerpunkt von arconsol im Projekt liegt in Entwicklung/Definition von geeigneten
Konstruktionen.
The Unterfurtner GmbH hat eines ihrer Standbeine im Bereich des Fassadenbaus. Die Unterfurtner GmbH ist im Projekt
hauptverantwortlich für die Umsetzung der Unterkonstruktionen, welche in Kombination mit den PV-Modulen in den
Brandversuchen geprüft werden.
Projektdetails
Ausschreibungsschwerpunkt: 2.1 Klimaneutralitätslösungen für (Pionier-)Städte Instrument
Forschungskategorie: Experimentelle Entwicklung
Kurztitel des Projekts: BIPV-Booster
Langtitel des Projekts: Game Changer für fassadenintegrierte PV-Anlagen: Entwicklung nachweisfreier Konstruktionen betreffend Brandschutz
Projektstart: 01.09.2024
Aktuelles Projektende: 31.08.2026
Projektbezogene Keywords: Bauwerksintegrierte Photovoltaik, Gebäudehülle, Klimaschutz
Das Projekt wird von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) gefördert.